Mittwoch, November 29, 2006

Psychologische Deutung: Kapitel 1

Ich schaue jedes Kapitel einzeln an, was es für mich bedeutet und wie man es den Schülern weitergeben kann.
Am Schluss eines Blockes sind jeweils Fragen notiert, die zur Diskussion anregen sollen.


Kapitel 1

Was macht mich aus?

I. Ist es die Landschaft die mich prägt?
II. Sind es meine Mitmenschen?
III. Ist es meine Aufgabe?
IV. Oder mein Zuhause?

In der Schilderung im ersten Kapitel erfahre ich Einiges über Willibald - und doch ist er nicht ganz fassbar - er bleibt ein Geheimnis.
Lieber verweilt er in seinen Träumen als in der mühsamen Realität des Alltags.
Vielleicht ist er ein Einzelgänger, der sich nicht gerne in Aufgaben einspannen lässt. Ist er ein Drückeberger? Überlässt er die Arbeit den anderen?
In seiner Seele ist er noch immer ein Kind geblieben, eines, das gerne das tut, was ihm Spass macht…
Verantwortung übernehmen? Das kennt er nicht!

Fragen: 1. Kenne ich meine Träume (Wünsche)?
2. Übernehme ich gerne Verantwortung?

Die Höhle

In einer Höhle unter der alten Eiche wohnt Willibald. Es ist keine schlammige, nasse, dunkle Höhle, voller Würmer und moderndem Geruch, es ist auch keine trockene, sandige Höhle. Es ist die Höhle von Willibald, und das bedeutet Behaglichkeit.

Eine grüne runde Türe mit einem leuchtenden Messingknauf in der Mitte befindet sich am Eingang der Höhle. Sie öffnet sich in einen länglichen Raum mit getäfelten Wänden. Am Boden ist ein farbig gewobener Teppich ausgelegt. Viele hölzerne Haken für Jacken und Mützen reihen sich an der Wand hinter der Türe, denn Willibald liebt Besuch. Ein Gang führt weiter in den Hügel hinein. Ganz im Innern befinden sich Schlafzimmer, Küche, Badezimmer und eine gemütliche Stube. Einige Sonnenstrahlen scheinen durch ein rundes Fensterchen auf einen krummbeinigen alten Eichentisch. Darauf steht eine Kerze in einem goldenen Ständer und ein schwarzes Tintenfass mit einer Schreibfeder. Verschiedene Landkarten liegen ausgebreitet auf einer zerschlissenen Unterlage. Ein gepolsterter Sessel steht vor dem Schreibtisch. In einer Ecke des Raumes züngelt ein lustiges Feuerchen vor sich hin. Die Flämmchen scheinen voller Lebenslust zu tanzen. Ein würziger Duft von Thymian, Oregano und Majoran strömt aus der Küche und erfüllt die Räume. Hölzern eingerahmt hängen grosse und kleine Bilder an den Wänden. Kleine, krausköpfige Kreaturen lächeln daraus, Urahnen und Verwandte von Willibald. Einige haben eine Pfeife im Mundwinkel, andere stehen mit einer Heugabel oder einer Schaufel im Feld.

Nur auf der einen Seite hat es Fenster. Durch sie entdeckt der aufmerksame Betrachter überall verstreut auf dem Hügel kleine runde Türen, die sich zum wolkenlosen Himmel öffnen. (Hügel wird er von allen Leuten in der Umgebung genannt.) Unterhalb umfasst eine immergrüne Hecke den gepflegten Garten. Basilikum, Estragon, Engelwurz und Koriander gedeihen prächtig zwischen Kopfsalat und Pelargonien. Hohe und niedrige Blumen recken und strecken ihre Köpfe zur Sonne. Die Wiese ist gemäht. Ein Bächlein schlängelt sich durch die Fluren am Fusse des Hügels. Darüber hinaus breiten sich hell- und dunkelgrüne, gelbliche und bläuliche Felder aus. Weiter unten erkennen wir dunkle Punkte. Einige bewegen sich Feld auf, Feld ab, andere stehen still. Gehen wir doch etwas näher! Die Punkte formen sich zu kleinen Geschöpfen. Kraushaarig und stupsnasig, robust gebaut sind sie. Alle sind fleissig. Einige lockern den Boden mit einer Hacke, andere wenden mit einer Heugabel das halbtrockene, gemähte Gras und jemand treibt einen Esel an, der einen Pflug hinter sich herzieht. In einiger Entfernung sammeln Frauen in bunten Röcken Erdbeeren und Heidelbeeren. Alle sind emsig am Arbeiten. Alle?

Etwas abseits, oben auf einem Hügel im Schatten einer Eiche, sitzt eine kleine Kreatur. Sie scheint noch jung zu sein. Krausiges Haar ringelt sich um den

rundlichen Kopf. Ihre dunkelbraunen Augen gucken verträumt hinaus in die Welt. Mit dem Stupsnäschen nimmt sie
die feinsten Düfte wahr. Die roten Bäcklein verraten, dass sie gerne an der frischen Luft ist. Ihren olivgrünen Pullover ziert ein orangfarbener Kragen. Diese Kreatur gleicht eher einem Menschen als einem Kobold, obwohl ihr Wuschelkopf nur ein wenig über die Hüfte eines ausgewachsenen Menschen ragt.

Aus der Ferne erklingt eine rauhe Stimme: “Willibald, wo bist du?“ Arbeiten sollst du! Das Heu muss in die Scheune, bevor die Nacht hereinbricht! Hast du nichts Besseres zu tun als zu faulenzen?“ Erschrocken blickt Willibald auf. Eben noch hat er geträumt. Die Musik der himmlischen Heerscharen erklingt noch in seinen Ohren. Die silbernen Kirschen des Mondes, die goldenen Äpfel der Sonne1, wohin sind sie entschwunden? „Willibald, kommst du endlich?“ Die Stimme holt ihn aus dem Traum. Einen letzten Blick wirft er auf das weite Perlenmeer. Die Sonne sendet ihre letzten Strahlen über den Horizont. Kleine Wellen schlagen auf der Brandung auf und singen ihr Abendlied. Sie kommen und gehen. Einige verwandeln sich in schäumende Ungeheuer. Auf dem Ozean segelt ein grosses Schiff Richtung Süden. Wenn er doch der Kapitän dieses Schiffes wäre! Er würde zu neuen Ufern aufbrechen, viele Abenteuer erleben, weit weg von den grünen Auen.

Vorwort

Flötenspiel färbt meinen Tag
aus dem Atem erblühter Ton
von seiner Kraft geformt
und gehorsam geworden
begleitet er mich
auf meiner Reise durchs Leben

nach C. Bischof


Liebe Leserin, Lieber Leser

Sagen berichten, dass vor langer Zeit Zwerge, Elfen und Drachen unser Land bevölkert haben. Ob Menschen ihnen je begegnet sind? Viele Schlachten wurden geführt, das Volk ehrte tapfere und mutige Helden indem sie pompöse Feste veranstalteten.
Meine Geschichte unterscheidet sich jedoch von den grossen Heldenerzählungen jener Zeit. Willibald ist ein germanischer Name und bedeutet „kühner Wille.“ Zwar ist unser Willibald im Buch ein kleiner, schmächtiger Junge, der dem monotonen Alltagstrott entfliehen möchte. Die Arbeit auf dem Feld ist ihm zu anstrengend, deswegen wird er von seinen Nachbarn und Verwandten verspottet und verhöhnt. So reist er in die weite Welt und sucht sein Glück anderswo. Dabei braucht er eine Portion Mut und einen „kühnen“ Willen.

Diese Geschichte habe ich für Kinder im Alter zwischen 10- und 12 Jahren geschrieben. Ich habe sie so ausgelegt, dass sie sich für den Unterricht in einer Primarklasse eignet. In Willibald kommen während der Reise Gefühle hoch, mit denen auch wir im alltäglichen Leben konfrontiert werden: Trauer, Fröhlichkeit oder Angst. Im Verlauf der Geschichte macht Willibald einen Wandel durch…
Verschiedene Lieder begleiten ihn auf seiner Reise.
Ich bin der Frage nachgegangen, wie ein Mensch lernen und sich entfalten kann, bis er seinen Platz im Leben findet.
Im Theorieteil gehe ich auf die verschiedenen Völkergruppen und Landschaftsbilder ein.
Was ereignet sich in Willibald in den verschiedenen Kapiteln? Und- hat sein Weg etwas mit uns zu tun?
Im letzten Teil stelle ich Ihnen zum Schulunterricht vor.
Die Geschichte beruht auf alten mythologischen Völkergruppen, die auch I.R. R.Tolkien in seinen Werken (Silmarillion, The Hobbit, Lord of the Rings) aufgegriffen hat.
Möge das Werk den Leser erfreuen und ihn eine Weile aus dem Alltag heraus locken.

Willibald--Eine Geschichte für kleine und grosse Leute



















Kapitel 1: Die Höhle S.2
Kapitel 2: Auf dem Feld S.4
Kapitel 3: Willibald schmiedet Pläne S.6
Kapitel 4: Der Aufbruch S.7
Kapitel 5: Markttag S.10
Kapitel 6: Die üble Überraschung S.13
Kapitel 7: Harte Arbeit S.15
Kapitel 8: Eine unangenehme Bekanntschaft S.18
Kapitel 9: Im Berginnern S.21
Kapitel 10:Der Sumpf S.26
Kapitel 11:Der Abschied S.27
Kapitel 12:Wieder Zuhause S.29

Willibalds Reise-Karte: