Sonntag, Dezember 10, 2006

Willibald schmiedet Pläne

In der Ecke der kleinen Stube knistert ein Feuer im offenen Kamin. Lange Schatten tänzeln an den Wänden. Sanftes orangefarbenes Licht erfüllt den Raum. Willibald sitzt am Schreibtisch, seinen Kopf auf die Hände gestützt. Ein leises Lüftchen bewegt das dünne Kerzenflämmchen hin und her.

Eine Träne kullert Willibald über die Wange. Tropf! Ein kleines Seelein breitet sich auf der Landkarte aus, die auf dem Tisch ausgebreitet liegt. Jetzt hat es Thorwjald erreicht . Willibald springt von seinem Sessel auf: „Ich hab’s!“ ruft er erregt. „In meiner Heimat, den grünen Auen, werde ich nicht gebraucht. Die tägliche Arbeit kann ich nicht meistern. Zu schwer ist die Heugabel, zu hoch der Wagen, zu stark der Esel und zu heiss scheint die Sonne auf den gebeugten Rücken. Für all diese Aufgaben bin ich nicht geeignet. Aber die Welt ist weit, so viele Abenteuer warten hinter unseren Feldern. Noch nie habe ich einen Schritt aus meiner Heimat gewagt. Mein Grossvater hat mir früher oft von seinen Reisen erzählt. Ich konnte nicht genug bekommen. Stundenlang sind wir vor dem Feuer gesessen. Von feuerspuckenden Drachen, emsig arbeitenden Zwergen, sprechenden knorrigen Bäumen und von mürrischen Seeleuten hat er erzählt. Auf seinen Wegen ist er singenden Elfen begegnet, weit von hier, hinter den Wäldern und Bergen, bei den blauen Seen und sprudelnden Quellen.“

Mein Dorf kenne ich, auch meine Nachbarn. Sie arbeiten hart den ganzen Tag. Meine Hilfe brauchen sie nicht. Es zieht mich in die fremde Welt, weit weg!“
Die Träne hat Willibald die Entscheidung erleichtert. Seine Reise wird nach Thorwjald, der Küstenstadt am Perlenmeer gehen. Einige behaupten, es sei die nächstgelegene Marktstadt hinter den grünen Auen.

In der nächsten Nacht will Willibald aufbrechen. Gleich beginnt er mit dem Packen seines Rucksacks. Was braucht er alles für die lange Reise? Einige Gulden, ein Seil, eine Kerze und Zündhölzer, ein paar gedörrte Apfelringe und ein Brot steckt er ein. Sorgfältig faltet er die Karte, die ihm den Weg zeigen wird und legt sie oben ins Gepäck. Daneben legt er Mantel, Hut, den Wanderstock und ein kleines Trinkgefäss gefüllt mit Kräutertee.

Ein paar letzte Funken glühen in der Feuerstelle. Willibald bläst die Kerze aus. Gespannt auf den nächsten Tag legt er sich zur Ruhe.