Freitag, Februar 02, 2007

Psychologische Deutung: Kapitel 4

„Schlankheit schützt nicht vor Torheit“ (Sprichwort)
Auch wenn Willibald meint, einfach abhauen zu können (in der Nacht), steht das Paradies nicht gleich vor der Türe. Die Nacht weckt in ihm Ängste. Von überall her fühlt er sich bedroht. Oft sind dies unsere eigenen Ängste, Unsicherheiten, die uns bedrohen und unsere Schritte hemmen. Wir tappen im Dunkeln (wie Willibald!).
Dann ist ein Zeichen des Lebens (der Realität= Fuhrmann) willkommen. Es bringt uns zurück auf festen Grund (Wagen).

Fragen: 1. Kenne ich meine Ängste?
2. Was hilft mir dann?

Der Aufbruch

Am nächsten Morgen erwacht Willibald früh. Er kann es kaum erwarten, bis der Abend hereinbricht, denn so kann er unbemerkt sein Zuhause verlassen. Überdies ist es angenehmer. So kann er unbemerkt sein Zuhause verlassen.

Auch an diesem Tag geschehen ihm viele Missgeschicke. Er vergisst seine Heugabel zu Hause, stolpert über die eigenen Beine und kann den Esel nicht zäumen. Viel Gelächter muss er über sich ergehen lassen. Es will nicht Abend werden. Die Stunden schleichen dahin. Endlich hört er den Ruf über die Felder hallen: „Auf! Nach Hause!“

Trotz der Anstrengung des Tages hüpft Willibald geradezu seiner Höhle entgegen. Doch Plötzlich überkommt ihn ein mulmiges Gefühl. „Soll ich wirklich alles zurücklassen? Was erwartet mich hinter den grünen Hügeln?“ Trotzdem schwingt er seinen Sack auf die Schultern, schlüpft in seinen Mantel, steckt die Trinkflasche unter den Gürtel, setzt den Hut auf und nimmt den Wanderstock zur Hand. Ein letztes Mal schaut er zurück auf seine Höhle. Leise stimmt er ein Lied an:

Ein neuer Weg breitet sich aus,
hinweg führt er, fort von zuhaus,
über Stock und Stein, durch wiegende Wälder,
über Auen, Bäche, Matten und Felder.
Nur fort von hier, nur fort,
an einen schönen, bessern Ort.

Über nebelverhangene Berge geht’s weiter,
da wird die Luft frischer, der Himmel ist heiter.
Auch breite Flüsse ich überquere,
ach, Fährmann, wo bleibst du mit deiner Fähre?
Nur fort von hier, nur fort,
an einen schönen, bessern Ort.

Durch Sümpfe und Pfade, über hängende Brücken,
wenn nur nicht wäre die Pein der Mücken!
Die müden Füsse, die mich tragen,
wie weit’s noch geht, kann ich nicht sagen!
Nur fort von hier, nur fort,
an einen schönen, bessern Ort.

Langsam senkt sich die Nacht übers Land. [Earendel], der Abendstern, funkelt am Himmel. Bald entdeckt Willibald noch unzählige andere Sterne. Der aufgehende Mond erhellt den Weg. Willibald lässt die bekannten Felder hinter sich. Wehmütig schaut er zurück. „Werde ich dich wieder sehen, Heimat?“




Der Weg führt ihn durch einen düsteren Wald, dunkel und still stehen die Bäume da. Bedrohlich gross schauen sie auf Willibald herab. Er bleibt stehen. Sanft hört er den Wind in den Baumkronen säuseln. Kleine Schatten bewegen sich im Mondlicht. Beängstigt schaut Willibald auf. Pschsch! Wild flatternd fliegt etwas über Willibalds Kopf. „Weshalb bleibt ihr nicht in den Höhlen, den alten Gemäuern und im Gebälk! Ihr habt mir einen Schrecken eingejagt, ihr fliegenden Mäuse mit den grossen Ohren! Lasst mich im Frieden weiterziehen!“
Es knirscht und knackt im Wald. Dornenranken strecken sich gierig nach ihm aus. Dichte Kletterpflanzen umschlingen alte, morsche Bäume. Da und dort vermeint Willibald leuchtende Augen zu sehen, die ihn aus Baumhöhlen anstarren. Das Licht des Mondes dringt nur spärlich durch den Wald. Wie Ungeheuer wanken die Bäume hin und her, hin und her…
Ein heiseres Heulen durchbricht die Nacht. Es erschüttert Mark und Bein. Wenn mich dieses Tier nur nicht wittert! Oh! Wenn ich nur heil aus diesem Wald komme! Wenn nur bald die Sonne erscheint und alle Gefahren und Geheimnisse der Nacht aufdeckt!
Ein langer Schatten huscht über den Weg. Ein buschiger Schwanz verschwindet im niedrigen Gebüsch am Wegrand. Zum Glück sind Füchse scheu. „Wäre ich doch nicht alleine im unbekannten Land!“

Klipp klapp, klipp klapp! Huftritte kommen immer näher. Klipp klapp!
Plötzlich steht ein grosses Pferd vor ihm. Warme Luft strömt aus seinen Nüstern.
„Halt! Wer ist da?“ ruft eine laute Stimme. Ein grosser Mann steigt vom Fuhrwerk und nähert sich Willibald, der ängstlich neben dem Weg kauert. „Guten Abend, Fremder! Wohin des Weges zu so später Stunde?“ fragt er mit freundlicher Stimme.

Willibald fasst Mut und erklärt dem Mann, dass er unterwegs nach Thorwjald sei.

„Haha!“ lacht der Mann. „Das trifft sich ja gut. Ich fahre auch in die Stadt. Komm, spring auf den Wagen. Vor uns liegt noch ein langer Weg.“ Willibald macht es sich bequem auf den aufgeladenen Säcken. Die Reise geht weiter. Wie froh ist er, dass er nicht mehr alleine ist.

„Das kleine Volk geht also auf Reisen! Haha! Sowas habe ich meines Lebens noch nie gesehen!“ lächelt der Mann. Er zündet sich eine Tabakpfeife an und bläst Ringe in die Luft. Nach einer Weile fragt er: „Ist’s bequem auf den Säcken? Sie sind voller Kartoffeln! Heute ist in Thorwjald Markttag. Händler aus allen Gegenden bringen ihre Waren in die Stadt. Ich hoffe, wir kommen rechtzeitig an und der Zöllner berechne nicht zu hohe Taxen. Es ist nicht mehr so, wie es früher war!“

Willibald hat schon längst bemerkt, dass in den Säcken Kartoffeln sind. Genüsslich beisst er in das Knollengewächs. Erst jetzt fällt ihm auf, wie lange er nichts mehr gegessen hat. Der Händler erzählt Geschichten und Sagen aus aller Welt. Willibald vermag die Augen kaum mehr offen zu halten. Schliesslich sinkt er in einen tiefen Schlaf.
Nach einigen Stunden erreichen die beiden die Stadtmauer von Thorwjald.

Sonntag, Dezember 10, 2006

Psychologische Deutung: Kapitel 3

Willibalds missliche Situation weckt neue Ideen. Entweder verkriecht er sich in sein Schneckenloch und resigniert (gibt auf), oder er rappelt sich auf und unternimmt etwas dagegen.
Oft sind es die Fehlschläge oder das Versagen, unsere Unzulässigkeiten, die uns an einen Wendepunkt im Leben führen. Neue Gedanken, eine Umbesinnung wecken neue Energien und lassen etwas Neues entstehen. Aus einem Versager kann ein „Meister“ werden, weil er für etwas kämpfen muss. Der Erfolg fällt ihm nicht einfach in den Schoss.

Fragen: 1. Lerne ich aus meinen Fehlern und Schwachheiten?
2. Wie gehe ich mit ihnen um?
3. Verkrieche ich mich? …oder…
4. Suche ich eine Lösung?
5. Werde ich kreativ und produktiv? …oder…
6. …resigniere ich?

Willibald schmiedet Pläne

In der Ecke der kleinen Stube knistert ein Feuer im offenen Kamin. Lange Schatten tänzeln an den Wänden. Sanftes orangefarbenes Licht erfüllt den Raum. Willibald sitzt am Schreibtisch, seinen Kopf auf die Hände gestützt. Ein leises Lüftchen bewegt das dünne Kerzenflämmchen hin und her.

Eine Träne kullert Willibald über die Wange. Tropf! Ein kleines Seelein breitet sich auf der Landkarte aus, die auf dem Tisch ausgebreitet liegt. Jetzt hat es Thorwjald erreicht . Willibald springt von seinem Sessel auf: „Ich hab’s!“ ruft er erregt. „In meiner Heimat, den grünen Auen, werde ich nicht gebraucht. Die tägliche Arbeit kann ich nicht meistern. Zu schwer ist die Heugabel, zu hoch der Wagen, zu stark der Esel und zu heiss scheint die Sonne auf den gebeugten Rücken. Für all diese Aufgaben bin ich nicht geeignet. Aber die Welt ist weit, so viele Abenteuer warten hinter unseren Feldern. Noch nie habe ich einen Schritt aus meiner Heimat gewagt. Mein Grossvater hat mir früher oft von seinen Reisen erzählt. Ich konnte nicht genug bekommen. Stundenlang sind wir vor dem Feuer gesessen. Von feuerspuckenden Drachen, emsig arbeitenden Zwergen, sprechenden knorrigen Bäumen und von mürrischen Seeleuten hat er erzählt. Auf seinen Wegen ist er singenden Elfen begegnet, weit von hier, hinter den Wäldern und Bergen, bei den blauen Seen und sprudelnden Quellen.“

Mein Dorf kenne ich, auch meine Nachbarn. Sie arbeiten hart den ganzen Tag. Meine Hilfe brauchen sie nicht. Es zieht mich in die fremde Welt, weit weg!“
Die Träne hat Willibald die Entscheidung erleichtert. Seine Reise wird nach Thorwjald, der Küstenstadt am Perlenmeer gehen. Einige behaupten, es sei die nächstgelegene Marktstadt hinter den grünen Auen.

In der nächsten Nacht will Willibald aufbrechen. Gleich beginnt er mit dem Packen seines Rucksacks. Was braucht er alles für die lange Reise? Einige Gulden, ein Seil, eine Kerze und Zündhölzer, ein paar gedörrte Apfelringe und ein Brot steckt er ein. Sorgfältig faltet er die Karte, die ihm den Weg zeigen wird und legt sie oben ins Gepäck. Daneben legt er Mantel, Hut, den Wanderstock und ein kleines Trinkgefäss gefüllt mit Kräutertee.

Ein paar letzte Funken glühen in der Feuerstelle. Willibald bläst die Kerze aus. Gespannt auf den nächsten Tag legt er sich zur Ruhe.

Donnerstag, Dezember 07, 2006

Psychologische Deutung: Kapitel 2

Kapitel 2:

In diesem Kapitel lernen wir Willibald etwas besser kennen. Verstehen wir nun, weshalb er lieber in seinen Tagträumen verweilt?
Er scheint zwei linke Hände zu haben- ist ungeschickt und wird bald zum Tölpel gestempelt, der nichts nütze ist. Die andern (die seine Freunde sein könnten!) lachen ihn aus und haben nur Spott für ihn übrig.

Fragen: Wie ist es mir zumute, wenn…
1. …wenn ich meine Aufgaben und Arbeiten nie richtig erfüllen kann?
2. …Wenn mir ständig Missgeschicke passieren?
3. …Wenn ich ausgelacht werde?
4. …Wenn ich mir dauernd als Nichtsnutz vorkomme?

Auf dem Feld

Laut und schrill kräht der Hahn. „Ruhe, Ruhe!“ ertönen aufgebrachte Stimmen aus allen Ecken unter der Erde. Ein neuer Tag ist angebrochen. Wie jeden Morgen streckt sich Willibald ausgiebig in seinem Bett und gähnt laut. Wie gerne würde er noch etwas länger liegen bleiben und die Wärme unter der Decke geniessen. Er dreht den Fensterknauf und öffnet das runde Fenster einen Spalt weit. Willibald streckt seine Nase in die frische Luft, ein frischer Wind weht. Auf! Das Tageswerk wartet!

Nachdem Willibald seine olivgrüne Weste übergestülpt und seine braunen Hosen angezogen hat, frühstückt er ausgiebig Toast. Toast mit Butter und Marmelade, ein gekochtes Ei und eine Tasse Kräutertee. Seine Heugabel wartet angelehnt an der Eingangstür. Mit grosser Anstrengung hebt Willibald die schwere Heugabel auf seine Schulter, schliesst die Türe hinter sich zu und macht sich auf den Weg zum Feld.

„Pi-rè rè rè, Zii-zuiii, zizi-zuiii“ begrüsst ihn eine fröhliche Stimme. Ein kleiner gelber Vogel hüpft neben ihm den Feldweg entlang. Doch auf seinem hastigen Marsch bemerkt Willibald ihn nicht.

„Hohohoho!
Schaut wer da eilt,
der kleine Floh!
Hohohoho!

In was für ein Unglück,
wird heut er wohl tappen?
Hohohoho!“

Willibald blickt in ein runzliges, grinsendes Gesicht. Wie ein stämmiger Baum steht Alfons breitspurig auf dem Weg. Vor lauter Schrecken stolpert Willibald über seine Heugabel, fällt hin und purzelt die steile Böschung hinunter. Wie eine kleine Kugel mit schwingenden Armen und Beinen verschwindet er im hohen Gras, eine schmale Spur hinterlassend.
„Hihihi! Hahaha! Hohoo!“ Gelächter erklingt von allen Seiten.
„Schaut hin! Seht ihr’s? Er ist doch immer derselbe. So ungeschickt kann doch nur Willibald sein!“ krächzt eine Stimme.
„Hahaha! „Welch ein Tolpatsch dieser Willibald doch ist!“ bestätigt eine andere. „Kommt, wir haben schon zu viel Zeit verschwendet! Das schöne Wetter dauert nicht ewig! Bringen wir das Heu in die Scheune!“

Bald darauf erscheint Willibald keuchend und zerzaust auf dem Feld. „Na, hast du deinen Ausflug genossen?!“ Fragt Alfons. Am liebsten hätte sich Willibald in die Erde verkrochen. „Komm, zusammenrechen ist einfacher für dich. Du kannst ja die Heugabel nicht einmal tragen!“ Schweigend nimmt Willibald den langen, schweren Rechen und beginnt, das herumliegende Heu zusammenzutragen. Es geht nur langsam voran. Die Sonne sticht vom Himmel herab.

Als Willibald zurückschaut, zieht er nur trockene Erde hinter sich her. Einmal vernimmt er ein schrilles Piepsen. Schnell befreit er die verängstigte Feldmaus, die sich in seinem Rechen verfangen hat. Als Dank schupst sie Willibalds Schuh sanft mit der Nase, dann verschwindet sie rasch in ihrem Bau.

Die Arbeiter stimmen gemeinsam in ein Lied:

Säen, mähen, pflügen, rechen,
unsr’e Frau’n zu Hause flechten.

Spass macht die Arbeit auf Hügel und Feld,
nur keine Sorge, wir brauchen kein Geld!

Nun packet alle kräftig an,
die Arbeit ist schon fast getan!

Hau Ruck! Hau Ruck! Alles auf den Wagen,
nur wir, nur wir haben hier das Sagen!

Wir sind gute Landarbeiter,
fleissig, fröhlich, immer heiter.

Nun packet alle kräftig an,
die Arbeit ist schon fast getan!


„Hoo-hop! Alles muss auf den Wagen! Eins, zwei, drei!“ Schnell wird das Heu aufgeladen. Alle packen kräftig mit an! Alle? Nein, die Nase von Willibald reicht gerade über die hölzernen Räder des Ziehkarrens. Was sollte er hier helfen können? Nach getaner Arbeit schwingen sich alle auf das geladene Heu. Der Esel wird eingespannt und die Peitsche schwirrt durch die Luft. „Hüü hott, kleines Grautier. Du magst unsere Last doch ziehen? Schneller, schneller…“
Hören wir mal genauer hin: Von weitem vernehmen wir ein leises „Trip trap, trip trap“. Ach, kleiner Willibald, wo bleibst du nur? Nicht einmal auf den Wagen konntest du dich setzen!

Langsam senkt sich die glühende Sonne unter den Horizont. Dunkle Wolken ziehen auf. „Kommt, schnell nach Hause!“

Mittwoch, November 29, 2006

Psychologische Deutung: Kapitel 1

Ich schaue jedes Kapitel einzeln an, was es für mich bedeutet und wie man es den Schülern weitergeben kann.
Am Schluss eines Blockes sind jeweils Fragen notiert, die zur Diskussion anregen sollen.


Kapitel 1

Was macht mich aus?

I. Ist es die Landschaft die mich prägt?
II. Sind es meine Mitmenschen?
III. Ist es meine Aufgabe?
IV. Oder mein Zuhause?

In der Schilderung im ersten Kapitel erfahre ich Einiges über Willibald - und doch ist er nicht ganz fassbar - er bleibt ein Geheimnis.
Lieber verweilt er in seinen Träumen als in der mühsamen Realität des Alltags.
Vielleicht ist er ein Einzelgänger, der sich nicht gerne in Aufgaben einspannen lässt. Ist er ein Drückeberger? Überlässt er die Arbeit den anderen?
In seiner Seele ist er noch immer ein Kind geblieben, eines, das gerne das tut, was ihm Spass macht…
Verantwortung übernehmen? Das kennt er nicht!

Fragen: 1. Kenne ich meine Träume (Wünsche)?
2. Übernehme ich gerne Verantwortung?